
Achtsamkeit bedeutet die bewusste Wahrnehmung des Augenblickes, das offene und nicht wertende beobachten. Dies kann in jedem Moment des Seins geschehen, ob am Schreibtisch, beim Kochen, beim Essen, beim Gehen und bei jeder anderen Alltagstätigkeit. Diese bewusste Wahrnehmung erlaubt die Betrachtung des Flusses der Gedanken und Emotionen und ermöglicht dadurch das Verständnis für die dahinter liegenden Muster und Mechanismen und ihre Vergänglichkeit.
Wenn wir von Achtsamkeit sprechen, meinen wir immer einen Zustand achtsamen Bewusstseins. Achtsames Bewusstsein ist von seinem Wesen her weder religiös noch esoterisch zu vereinnahmen. Achtsamkeit ist viel mehr eine Lebenshaltung und Seinsweise als eine Technik.
Das Wort „Achtsamkeit“ kann am ehesten umschrieben werden mit Aufmerksamkeit, Gewahrsein oder Geistesgegenwart.
Diese Fähigkeit lässt sich erlernen und trainieren. Durch das Innehalten im Moment schenken wir uns die Chance, unser Leben auch in schwierigen Situationen harmonischer und erfüllter zu gestalten, ruhiger und gelassener zu werden. Der Alltagsstress rückt dabei immer mehr in den Hintergrund, Reizüberflutungen und Überlastungen erscheinen immer weniger bedrohlich.
Das Thema Achtsamkeit gewinnt in unserer heutigen Zeit mehr und mehr an Bedeutung. Es erlebt eine wahre Renaissance und spiegelt sich in vielen Facetten.
In seinem interessanten und treffenden Artikel über Achtsamkeit zitiert Matthias Horx unter anderem Rüdiger Safransk, der die Gründe für den Aufstieg der Achtsamkeit in einem Interview des EUROPEAN in der für ihn typische Art und Weise auf den Punkt gebracht hat. Nachstehend ein kurzer Auszug:
„Heute erleben wir das, was sich kein früheres Jahrhundert erträumen konnte: das Erlebnis von Gleichzeitigkeit. Unsere Handlungs- und Wahrnehmungswelt gehen dramatisch auseinander. Das erzeugt unterschwellig eine unglaubliche Hysteriebereitschaft.“
Und er setzt fort:
„Wir sind überfordert. Wir sind gereizt. Wir erfahren zu viel und wissen zu wenig. Hilflos strampeln, schneller sein, in zu vollen Verkehrsmitteln, das Dauerrauschen von Gier und Angst, all Sdas macht: sauer. Neidisch. Aggressiv.“ Das schrieb die Kulturhysterikerin Sybille Berg neulich in ihrem Blog. Hat sie unrecht, nur weil sie gerne etwas hysterisch übertreibt?
„Jeder Aufmerksamkeitswechsel hat metabolische Kosten – gezahlt wird in Glukose, Zucker im Hirn“, formuliert der Neurowissenschaftler und Musiker Daniel Levitin. Im totalen Medien-Zeitalter sitzen wir irgendwann vor einem Gewirr flackernder Zeichen, unfähig, irgendeine Handlung auszuführen. Wir sind Opfer einer mentalen Gewalt, die keinen Täter kennt, aber viele Opfer.
Und weiter meint er:
Paul Dolan, der Autor von “Happiness by Design”, behauptet: Glück ist nichts anderes als die “Allokation von Aufmerksamkeit”.
Wie “macht” man Achtsamkeit? Eben darin besteht das Paradox. Achtsamkeit entsteht erst, wenn wir loslassen. Wenn wir einige Schritte zurücktreten uns UNS UND DIE WELT beobachten. Klar kann man daraus ein Geschäft machen. Natürlich hat die Achtsamkeit inzwischen auch ein kommerzielles Brimborium erzeugt, die übliche Mischung aus halbseidenen Kursen und Apps und Studios und Gurus, Bestsellern und “Anleitungen in zehn Schritten…”. Aber anders als “Wellness” und “Motivation” sperrt sich die Achtsamkeit ziemlich störrisch der kommerziellen Ausbeutung. Das liegt auch daran, dass jeder eine andere Frage, einen ganz eigenen Weg damit verbindet.
Wer achtsam ist, hört auf zu Jammern.
Achtsamkeit scheint auf den ersten Moment eine Abkoppelung von der Wirklichkeit. Sie bedeutet, dass wir uns wieder trauen, eine eigene Welt im HIER UND JETZT zu definieren. UNSERE Welt. Die Welt unserer Wahrnehmung.
Dem ist von mir nichts weiter hinzuzufügen. Denn Achtsamkeit ist in sich bereits vollkommen.
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